Sportassistenten-Ausbildung (Entwurf)

Entwurf zu einer neuen Judo-Sportassistenten/innen-Ausbildung für Jugendliche im Alter von 13-16 Jahren

als Vorlage zur Lehr- und Prüfungsreferenten-Tagung des DJB am 3./4. Februar 2001 in Naumburg/Saale erstellt von Ulrich Klocke, 2001
(weitere Mitarbeiter/innen Klaus Kessler, Angela Andree, Martin von den Benken)

Einleitung

Seit wir im DJB 1994 erstmals die Judo-Sport- und -Vereinsassistenten-Ausbildung vorgestellt haben, hat dieses Angebot des DJB in den Landesverbänden eine unterschiedliche Resonanz erfahren. Während die Vereinsassistenten-Ausbildung (früher Betreuer-Ausbildung) sich im DJB bislang so gut wie gar nicht durchsetzen konnte, hat die Sportassistenten-Ausbildung (früher Gruppenhelfer-Ausbildung) doch in fünf Landesverbänden (BA,WÜ, NW,HH,NS) mittlerweile eine gute und solide Tradition. In den neuen Bundesländern, aber auch in großen Verbänden wie z.B. Bayern finden bisher noch keine Judo-Sportassistenten-Ausbildungen statt. Entweder aus Unwissen, aus fehlendem Interesse, fehlenden Referenten bzw. Finanzierungsmöglichkeiten oder aber auch, weil engagierte Lehrwarte mit ihrer bisherigen Arbeit schon ausgelastet sind.

In den Landesverbänden, in den eine solche Ausbildung durchgeführt wird, unterscheidet sich diese stark nach Organisation, Finanzierung und gewählten Inhalten, auch wenn über die allgemeinen Zielsetzungen grundsätzlich Einigkeit besteht. Die Ausarbeitung eines präzisen Plans seitens des DJB erscheint uns daher weit weniger sinnvoll, als durch die Informations- und Organisationsmöglichkeiten des DJB interessierten Landesverbänden und Einzelpersonen mehr Hilfe und Wissen zukommen zu lassen.

Daher unterbreitet der Deutsche Judo-Bund den Landesverbänden und interessierten Einzelpersonen innerhalb der Verbände, die bisher keine Sportassistenten-Ausbildungen durchführen, folgende Angebote:

  1. Der DJB stellt einen Referentenpool zusammen. In diesen Referentenpool können die Landesverbände Referenten melden, die solche Lehrgänge schon häufiger in ihren Verbänden durchgeführt haben. Diese Referenten können bei Bedarf von den Landesverbänden bei eigenen Ausbildung eingesetzt werden. Sie werden nach DJB-Tarif bezahlt, wobei der DJB die Differenz zwischen den LV-Sätzen und den DJB-Sätzen übernimmt.
  2. Die Referenten setzen bei solchen Lehrgängen ihre eigenen Lehrmaterialien/Skripte ein.
  3. Die Landesverbände, die eine Judo-Sportassistenten Ausbildung durchführen veröffentlichen die Termine frühzeitig im Judo-Magazin. So können interessierte Landesverbände zukünftige Referenten auf eigene Kosten zu diesen Ausbildungen schicken. Diese Hospitationen haben das Ziel, künftige LV-Referenten in die Materie einzuarbeiten.
  4. Der DJB führt einmal im Jahr eine eigene Judo-Sportassistenten-Ausbildung durch, die offen ist für Mitglieder aller DJB-Vereine. So erhalten auch die Jugendlichen zwischen 13 und 16 Jahren aus den Landesverbänden Gelegenheit, sich ausbilden zu lassen, wo eine solche Ausbildung bisher nicht durchgeführt wird. Die Leitung dieser Ausbildung übernehmen erfahrene Referenten aus dem DJB-Pool.

Mit diesen DJB-Maßnahmen wollen wir erreichen, dass die Funktion des Bundesverbandes als Initiator von Ideen und Verteiler von Informationen wieder deutlich herausgestellt wird, ohne dabei die Eigenständigkeit der einzelnen Verbände in Frage zu stellen. Andererseits muss das einzelne Vereinsmitglied aber auch die Möglichkeit haben, alle Angebote innerhalb des DJB wahrzunehmen, auch wenn diese nicht durch ihren Landesverband gemacht werden. Denn die Landesverbänden dürfen nicht willkürlich darüber entscheiden können, was für ihre Mitglieder angeboten werden soll und was nicht. Alle Organisationen unter dem Dach des DJB sollten gemeinsam das Ziel verfolgen, unseren Sport zu verbreiten und unseren Mitgliedern zu dienen.

Dezember 2000, Martin von der Benken, Angela Andree, Ulrich Klocke

Vorwort

In dem Alter, wo die Kinder beginnen, sich selbständig für oder gegen eine Sportart zu entscheiden, also zwischen 11 und 15 Jahren, verlassen sie in großen Scharen unseren Sport. Judo hat durch die anderen Budo-Disziplinen und durch die Teilnahme an Olympischen Spielen das Image der Selbstverteidigung (weswegen viele Kinder zum Judo kommen) verloren. So wenden sich zahlreiche Jugendlichen den "effektiveren" Selbstverteidigungen zu.

Da Judo Kinder, die mehrere Jahre diesen Sport betrieben haben, sportartspezifisch "diszipliniert" und konditionell stärkt, haben diese Kinder (wenn sie mit II, 12, 13 selbst entscheiden können) gute Voraussetzungen für alle anderen Sportarten. Sie steigen um!

Da Judo seit vielen Jahren ohne langfristige Lehr- (und damit Unterrichtskonzepte) arbeitet, vermittelt unser Sport außer dem Erfolg im Wettkampf und dem Erfolg der Gürtelprüfungen keine Ziele, auf die man sich systematisch vorbereiten kann.

Dahingegen ist der Andrang bei den 6-10-jährigen Kindern so groß, dass die meisten Vereine ihn aus verschiedenen Gründen nicht mehr bewältigen können. Für diese Altersstufe gilt Judo als der Sport, mit dem altersspezifische Probleme wie Konzentrationsschwächen, Übergewicht, Hyperaktivität etc. aus pädagogischer und psychologischer Sicht gut aufgefangen werden können.

Die Statistiken zeigen allerdings, dass die Relation zwischen zu bereuenden Kindern (d.h. unter 18 Jahren) und betreuenden Erwachsenen (über 18 Jahren) immer ungünstiger wird. Es stehen den meisten Vereinen nicht genügend ausgebildete - zumeist noch nicht einmal unausgebildete - Übungsleiter/Trainer zur Verfügung, um den Andrang in der Altersstufe unter 10 Jahren zu bewältigen. Da aus dem Altersbereich der über 18-jährigen sich nur noch begrenzt neue Übungsleiter gewinnen lassen (Mitgliederanteil bei ca. 20 %) müssen die Vereine versuchen, den bestehenden Übungsleiterbedarf mit anderen Zielgruppen zu lösen.

Grundsätzliche Probleme bei der Betreuung von jüngeren Kindern in unseren Vereinen:

1. Problem: Wann können jüngere Kinder unterrichtet werden?

Welcher Vater oder welche Mutter möchte ihr Kind schon im Winter im frühen Abendbereich zum Sport bringen oder abholen, wenn es draußen dunkel und nass ist?

Je jünger die Kinder im Judo sind, um so früher sollten sie im Nachmittagsbereich ausgebildet werden. Die späteren Zeiten sind jedoch zumeist von älteren Judoka bzw. Gruppen fortgeschrittener Judoka genutzt. Die Hallenzeiten im Nachmittagsbereich werden jedoch oft auch noch von den Schulen genutzt oder die Judovereine liegen mit den anderen Vereinen (die die gleichen Probleme haben) im Konkurrenzkampf. Selbst bei einem eigenen Dojo ist es oft schwer, die Anfängergruppen der Jüngsten zwischen 15.00 und 17.00 Uhr anzusetzen.

2. Problem: Wer hat Zeit, am frühen Nachmittag zu unterrichten?

Aber auch Vereine mit einem eigenen Dojo, die also Kurse ab 14.00 Uhr anbieten können, haben Schwierigkeiten. Für die frühen Nachmittagsstunden aber stellt sich das Problem, geeignete Übungsleiter oder Trainer zu finden. Die Mehrzahl der erwachsenen Bevölkerung, die im Arbeitsprozess eingebunden ist, geht bis 16.00 Uhr ihrem Beruf nach.

Nicht jeder Verein hat in der Nähe eine Uni, von der man einen Studenten, der Judo betreibt, engagieren kann. Nicht überall opfern Selbständige für den Verein ihre wertvolle Zeit. Nur sehr selten ist ein Verein mitglieder- und finanzstark genug, um einen hauptamtlichen Trainer zu finanzieren.

3. Problem: Wie motiviere ich unsere Jugendlichen im kritischen Bereich zwischen 11 und 16 Jahren zum Verbleib in unseren Vereinen?

Unsere Vereinsmitglieder beginnen nicht nur immer früher mit dem Judo, sie verlassen den Verein auch wieder relativ früh. Die durchschnittliche Verweildauer eines Vereinsmitglieds liegt zwischen 12 und 18 Monaten. Dadurch werden in den meisten Vereinen immer mehrjüngere Anfänger ausgebildet, die noch vor dem elften Lebensjahr den Verein (enttäuscht vom Judo?) wieder verlassen. Erstaunlich viele Jugendliche haben im Verlaufe ihrer Jugend irgendwann einmal ihren "gelben Gürtel gemacht" , dann aber "den Spaß am Judo verloren", bevor sie richtig Judo lernen konnten und eine starke "Sachmotivation" erhielten, statt durch den Trainer, die Freunde, das Image oder die gute, stabile Gruppe gehalten zu werden.

In zahlreichen Judovereinen werden so viele Kräfte in der Anfängerausbildung immer jüngerer Kinder gebunden, die häufig fehlen, um ältere/fortgeschrittenere Judoka weiter und stärker zu motivieren.

30 Stunden "Judo Sportassistenten-Ausbildung” (Judo erfahren und erleben)

Grundsätze und Ziele der Sportassistenten-Ausbildung

Die Judo-Sportassistenten-Ausbildung des DJB bietet Ansätze, die drei oben beschriebenen Probleme in unseren Judovereinen wenigstens ansatzweise in den griff zu bekommen. Die Grundidee besteht darin, junge Jugendliche zwischen 13 und 16 Jahren durch eine attraktive Verbandsausbildung nicht nur weiter zum Judo zu motivieren, sondern sie auch für eine Assistenz-Trainertätigkeit in der Anfängerausbildung der jüngeren Kinder zu qualifizieren. Jugendliche haben im Nachmittagsbereich verfügbare zeit, oft einen "guten Draht" zu Kindern und werden aktiv in das Vereinsleben eingebunden und längerfristig motiviert. So kann ein Teil des Bedarfs an Betreuung für unsere Jüngsten vielleicht aus den eigenen Reihen abgedeckt werden.

Grundsätze der Ausbildung

  • Partnerschaftlichkeit zwischen Lehrteam und Teilnehmern (Demokratie leben, menschliche Wärme ausstrahlen)
  • Durchschaubarkeit der Ziele und Inhalte (roter Faden muss erkennbar sein)
  • Teilnehmer ernst nehmen (ihre Interessen, Bedürfnisse, Vorerfahrungen berücksichtigen)
  • Differenzierung (nicht alle Inhalte sind für alle Teilnehmer verbindlich)
  • Kompetenz zur Mitbestimmung erweitern (Ziele und Inhalte des Lehrgangs von Anfang an offen legen; Anregungen ernst nehmen und versuchen umzusetzen)
  • Eigeninitiative der Teilnehmer fordern (sich als Team nach und nach zurückziehen)
  • Mitbestimmung erlebbar machen und ermöglichen
  • Teilnehmer für neue Eindrücke öffnen
  • Lehrgangsinhalte lebensnah auswählen und präsentieren (d.h. am Erfahrungswissen, -können und -möglichkeiten der Jugendlichen orientieren)
  • Lehrgang soll einen Gegenpol zur schulischen Bildung setzen
  • Freizeitpausen systematisch setzen
  • eigene Vorstellungen der Jugendlichen erfüllen (Motive sammeln und an der Tafel sichtbar hangen lassen)
  • ein hohes Maß an Eigenverantwortung der Jugendlichen muss gewährleistet sein

Übergreifende Ziele

  • Erfahren von Spiel, Teamwork, Lernen, Üben
  • Erleben von Freude, Anstrengung, Erfolg, Verantwortung, Konzentration, Gemeinschaft
  • Motive der Jugendliche berücksichtigen
  • Sport treiben - sich bewegen - spielen

Spaß                 bei kleinen Spielen und am Spiele-Abend
Freiräume          bei der Gestaltung der Unterrichtseinheiten
Mitbestimmung   bei der Auswahl der Unterrichtsinhalte
Kreativität           bei der Zusammenstellung und Durchführung selbstgestalteter Kata
Bewegung          bei allen Judo-Trainings- und Übungsformen
Spiel                  bei den Kleinen Spielen
Sport                 bei ergänzenden Aktivitäten wie Bodenturnen, Musikgymnastik oder Akrobatik

Ziel l (für die Teilnehmer)

  1. das eigene Judo erfahren ("wie ist mein Judo?")
  2. das eigene Judo verbessern ("womit kann ich mein Judo verbessern?") (den jugendlichen Egoismus befriedigen!!!)
  3. Judo bei anderen sehen lernen ("was macht der wie?")
  4. Judo anderen vermitteln lernen ("wie kann ich einem anderen eine Judotechnik unterrichten?")(bei den Jugendlichen Verantwortung wecken und fordern!!)

Motto: Ihr seid uns wichtig wegen euch!! (Nicht wegen euer Arbeitskraft im Verein)

Ziele II (für die Vereine)

Die Jugendlichen sollen befähigt werden, in Vereinsgruppen und im Verein folgende Aufgaben mit anderen gemeinsam zu erfüllen:

  • Kampfrichter bei gruppen- bzw. vereinsinternen Wettkämpfen
  • Aufwärmarbeit mit Gymnastik und/oder Spielen selbständig zu gestalten
  • Nachführen von Anfängern im Bereich der Fallschule, der ersten Würfe und Haltegriffe bis zum gelben Gürtel
  • Listenführung und Zeitnehmertätigkeit im Rahmen von Vereinsmeisterschaften
  • Betreuen von jüngeren Kindern bei Wettkämpfen auf Kreisebene
  • die Interessen der Jugendlichen im Verein angemessen zu vertreten (Jugend-Selbstvertretung)
  • eigene Initiativen einzubringen (z.B. Lauftreff oder Organisation von "freiem" Training mit anderen)
  • Entwicklung neuer, eigener Ideen und deren Durchführung

Der Bezug zu diesen Tätigkeitsfeldern im Verein sollte als roter Faden auch durch die Ausbildung laufen und bei allen praktischen, theoretischen und geselligen Aktivitäten immer wieder hergestellt werden.

Motto: Ihr seid die Zukunft eures Vereins - gestaltet sie aktiv mit!

Inhalte

  • 9 Stunden: Überprüfung des Judostands der Teilnehmer (Grundtechniken im Stand und Boden; alle Techniken, die bis zum orangen Gürtel vermittelt werden sollten)
  • 8 Stunden: Übungsformen zum Festigen und Verbessern der Judotechniken im Stand und am Boden (incl. 2-3 Randori-Stunden)
  • 4 Stunden: Judo sehen lernen (Videoanalyse von Wettkämpfen, Kindern auf Videos bzw. Betrachten und
  • Kommentieren von Lehrvideos)
  • 5 Stunden: wie unterrichtet man Anfänger (Spiele, Fallen, Würfe, Haltegriffe, Befreiungen, Kumi-kata, Kuzushi etc. bis zum gelben Gürtel)
  • 2 Stunden "Prüfung" im Team (z.B. eine Stunde ausarbeiten und halten in einer 3er Gruppe)

Was wir nicht machen:

  • keine allgemeine Theorie! (z.B. Pädagogik, Kondition etc.)
  • keine lange Fete (z.B. abends zusammen sitzen und saufen!!)
  • viel reden und wenig Üben lassen!
  • alles selber!! (z.B. wäre es gut, einen solchen LG in einer Umgebung zu machen, die "Spielräume" für eigenverantwortliches Handeln zulässt, z.B. bei der Zubereitung der Mahlzeiten und der Gestaltung der gemeinsamen Abende oder aber kreative Tätigkeiten wie Musik, Basteln etc.)

Voraussetzungen für die Teilnahme an der Ausbildung

  • mindestens 13 Jahre, höchstens 16 Jahre
  • mindestens 4. Kyu (orange-grüner Gürtel)
  • Teilnahme an Wettkämpfen als Erfahrung wünschenswert
  • Mitglied in einem Verein des DJB
  • Meldung durch den Verein